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Enquete Komission NRW in der Schlussphase: Wie im richtigen Leben werden kleine Brötchen gebacken werden
(10. Dezember 2012)

Die Enquete Kommission des Landtags NRW zu "Wohnungswirtschaftlichem Wandel auf den NRW-Wohnungsmärkten und Finanzinvestoren" biegt jetzt gerade, im November/ Dezember 2012, in die letzte Runde ihrer Beratungen ein. Im April/Mai 2013 soll alles zu Ende sein. Die Erwartungen sind groß. Aber was die Enquetekommission NRW zu den Private Equity-Investoren auf den Wohnungsmärkten angeht, so hatte sie niemals die Chance, auf den Weg zu bringen, was betroffene Mieter und Mieterinnen von ihr erwarteten.

Zu stark wirkte vom Start weg der Bremsfaktor CDU/FDP. Sie, CDU und FDP, mussten ja verhindern, dass die Enquete den Verkauf der landseigenen LEG-Wohnungen 2007 an die Whitehall Fonds von Goldmann-Sachs als kardinalen wohnungspolitischen Fehler der von ihnen getragenen Rüttgers-Regierung brandmarken würde. Ein unausgesprochenes Konsensprinzip in der Enquete Kommision sorgt dafür, dass von der unausgesprochenen Mehrheitsmeinung abweichende Positionen und allzu scharfkantige Analysen unter den Tisch gekehrt werden und nie mehr hervor kommen, wie immer, wo dies Prinzip hoch gehalten wird. Die SPD/GRÜNE-Mehrheit war und bleibt gehandikapt von der haushaltspolitischen Mantra, die in der Tat drückende Verschuldung des Landes zurück zu fahren und Ausgaben zu drosseln. Selbst wenn SPD/GRÜNE etwas vorgehabt hätte, was richtig Geld kosten würde, ließe sich das gegenüber der von ihnen gestellten Landesregierung Kraft nicht durchsetzen. Und sozial effektive wohnungspolitische Intervention kostet heutzutage eigentlich immer viel. Städte wie Köln oder Hamburg geben aktuell jährlich etwa 100 Millionen Euro nur dafür aus, annähernd die Sozialwohnungen ersetzen zu helfen, die gleichzeitig aus der Bindung laufen. Ohne ganz großen Erfolg übrigens. Zwischen 2002 und 2010 verlor Hamburg 34 Prozent ihrer Sozialwohnungen, NRW 36 Prozent.

Wir dürfen wahrscheinlich schon froh sein, wenn Tatsachen, wie sie die Mieter und Mieterinnen bei Private Equity-Investoren immer wieder am eigenen Leibe erfahren und die Wissenschaft und die Gutachten der Enquete unisono feststellen, im Schlussbericht der Enquete stehen werden: Es ist fester Bestandteil des Geschäftsmodells der Private Equity finanzierten Aufkäufer, die Instandsetzungsaufwendungen herunter und im Durchschnitt an Substandart Niveau heranzufahren. Wenn die alten Mieter deswegen weggehen, wird das Hartz IV-Modell gefahren. Die Betreuung der Bestände wird stark ausgedünnt, der Mieterservice auch. Mieten werden bis an die Grenzen des nach Mietspiegel Möglichen sofort erhöht. Die Grenzen der Mieterhöhung - z.B. 10 Prozent, 12 Prozent oder 15 Prozent, innerhalb von drei Jahren, die regelmäßig in den Sozialchartas vereinbart wurden, sind Etikettenschwindel, weil sie im Einzelfall nicht ziehen. Sie wurden für den konzernweiten Durchschnitt abgeschlossen, der vielleicht nicht überschritten, aber auch nie nachgewiesen wurde. Mit den institutionellen Investoren der Private Equity-Fonds, dem Kredit- und Versicherungsgewerbe, den Stiftungen und einzelnen sehr reiche Vermögensbesitzer usw., Akquisiteure und Anbahner des Equity-Raising, die alle noch hinter den Aufkäufern und Wohnungsverwaltern stehen, wurden ordentliche Margen und Renditen vereinbart und nicht die Vermittlungsgebühren und der Zinssatz des Sparbuchs einer Stadtsparkasse. Weiterhandeln, Mehrfachverkäufe und Einzelprivatisierung sind Normalität. Das alles sind längst Massenphänomene wie der Zuwachswahn der Wohnungskonzerne auch. Die Großen der Branche in NRW, Deutsche Annington, Gagfah und LEG-Whitehall nutzen selbstverständlich alle ihre Kanäle in die Kommission, um solche Tatsachen nicht in den Schlussbericht gelangen zu lassen. Und bei manchen Kommissionsmitgliedern findet das Gehöhr.

Wir dürfen wahrscheinlich ebenfalls schon darüber froh sein, wenn die politischen Handlungsvorschläge aller Gruppen und politischen Fraktionen der Enquete Kommission im Umgang mit Private Equity-Investoren und ihren Wohnungsunternehmen in den nordrhein-westfälischen Mietwohnungsbeständen nicht zu einem Minimalkonsens eingedampft, sondern in ihrer Unterschiedlichkeit dokumentiert werden. Auch wenn die Vorschläge kaum sensationell ausfallen. Was ich davon bisher kennen lernen konnte, wird die Vorschläge auf die eine oder andere Verschärfung von wohnungsaufsichts- oder ordnungsrechtlichen Schrauben und auf zwingende und erleichterte Anordnung von Instandhaltungsgeboten hinauslaufen, für deren Durchsetzung dann auf Zuckerbrot und Peitsche gesetzt werden könnte, sprich auf Geldstrafen für uneinsichtige und säumige Investoren und auf Angebote von Fördergeldern für die Beseitigung der Instandsetzungsstaus. Weiter werden ein paar Landesregierungsinitiativen beim Bund vorgeschlagen werden, steuerliche Schlupflöcher zu schließen, anständige Eigenkapital- und Transparentregeln für Private Equity in der Finanzmarktgesetzgebung zu verankern und darauf, den Kommunen mehr Spielraum bei den öffentlichen Mitteln und Instrumenten für Stadtumbau und die Stadterneuerung in Quartieren zu verschaffen, in denen Private Equity-Gesellschaften sich verweigern.

Auch meine eigenen Vorschläge und die der GRÜNEN Gruppe, in der ich mitarbeiten konnte, werden auf nicht viel mehr hinauslaufen. Denn wir wollen nicht - angesichts eines Landtags und einer Landesregierung, die Wohnungspolitik noch immer mit ganz bescheidnem Anspruch und ohne hohe Priorität betreibt - im politischen Nirvana enden, weil unsere Vorschläge entweder in der GRÜNEN Fraktion oder im Landtagsplenum abgeschossen werden und damit die wohnungspolitische Lautsprecherin im Landtag und GRÜNE Vorsitzende der Enquete Kommission geschwächt wird.

Aber ist das, was an politischer Initiative aus der Enquete Kommission herauskommen wird, das, was sich Mieter und Mieterinnen in den verkauften ehemaligen Werkswohnungen und kommunalen Wohnungen erhofft haben mögen und was ihnen wirklich nützt und nottut? Ich glaube nicht. Ich glaube, sie hätten gebraucht und NRW hätte gebraucht, dass aus der Enquete die Botschaft kommt, wir machen sofort Schluss mit den Daumenschrauben, mit denen die Private Equity-Gesellschaften die Mieterschaften in Panik versetzen und die die ökonomisch Gefährdeten unter ihnen - und das sind ja immer viele gewesen -, verdrängen. Ich glaube, sie hätten die Botschaft gebraucht: Wir bringen eure Wohnviertel wieder in Ordnung. Wir kaufen euch wieder raus, so bald wie nur möglich, aus den Fängen dieser Desinvestoren und Mietenpresser und bauen mit euch wieder ein Organisation der Wohnungsversorgung auf oder weiter, die die Mechanismen von Wohnungsmarkt und Bodenrente aushebelt, wo es dauerhaft soziale Mieten für die, die sie brauchen, gibt und gemeinnützige Wohnversorgung Prinzip ist. Wir revidieren damit öffentlich, dass sozialer Wohnungsbau nicht mehr gebraucht wird in Deutschland und in NRW, und machen kenntlich, dass gerade im Altbau seine Perspektive liegt. Denn preiswerte Wohnungen finden sich, wenn nicht gerade Gentrifizierung und Spekulation die Preise anziehen lässt, in Altbaubeständen, auch bei den Sozialwohnungen. NRW ist mit 544 000 Sozialwohnungen 2010 noch immer das Bundesland mit den weitaus größten Sozialwohnungsbeständen. Fast ein Drittel der insgesamt 1,66 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland ist hier.

Eine deutliche Entlastung und Ermutigung für die Mieterschaften in den Private Equity- Miethäusern wird aus der NRW-Enquete nicht kommen. Man muss dies aber nicht als Entmutigung nehmen. Ein paar Attacken gegen die Finanzmarktadebten werden ja in der Enquete Kommission doch geritten. Und Felder der Ermutigung liegen da, wo Koalitionen der sozial Verantwortlichen und Kreativen zeigen, dass sich sozial inspirierte Projekte der Wohnungswirtschaft anders als durch Private Equity-Investoren durch social mangers, social banking, social investment und kommunitäre Verantwortung und kommunitären Widerstand gegen den globalen Finanzmarktwahnwitz anschieben lassen.