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GRÜNE Politik zum newPark in den Datteln-Waltroper Rieselfeldern heute
(Vortrag auf dem Koordinierungstreffen "new-Park – Nein Danke" in Waltrop am 19. September 2014)

Die politische Position der Waltroper GRÜNEN zum Industrialisierungsprojekt newPark vor ihrer Haustüre lässt sich in aller Kürze so kennzeichnen: Das Projekt newPark gehört in den Mülleimer der Geschichte, die newPark-Entwicklungsgesellschaft ist überflüssig wie ein Kropf. Sie gehört zugesperrt, die Geschäftsführer und Mitarbeiter entlassen und der Beschluss des Kreises Recklinghausen, 500 ha in den Rieselfeldern der RWE dafür abzukaufen, muss jetzt zurück genommen werden!

Das Projekt newPark ist weder new noch ein Park. Die politische Lage der Waltroper GRÜNEN ist nach wie vor ungemütlich. Trotz ihrer felsenfest ablehnenden Haltung zu den herbei geredeten und geschriebenen Schlüsselprojekten der Emscher-Lippe-Region, newPark, Datteln VI und Weiterführung der B 474, haben die Wählerinnen und Wähler den GRÜNEN auch bei den letzten Kommunalwahlen 2014 nicht die Mehrheiten verschafft, weder in Waltrop noch im Kreistag Recklinghausen, mit denen man einer Durchsetzung der Beendigung des newPark-Projekts etc. deutlich näher gekommen wäre. Das mag manche unter denen, die für die GRÜNEN hier in Verantwortung stehen und die Wahlen gewinnen oder wenigstens besser abschneiden wollen, ins Grübeln bringen, ob der Kurs, den ich oben abgesteckt habe, der richtige ist. Ich meine, das Grübeln darüber lohnt nicht.

Aber ist stimmt schon, die politische Lage der Ablehnung ist unbequem, auch durch die politischen Konstellationen in politisch mächtigeren und einflussreicheren Ebenen der Regionalentwicklung in Recklinghausen, beim RVR in Essen und in der NRW-Landesregierung Düsseldorf, die keineswegs eindeutig auf dem Kurs der GRÜNEN Waltrop sind.

Soll man auf Zustimmung – selbstverständlich unter ökologischen etc. Bedingungen – umschwenken? Ich meine nein. Aber die GRÜNEN müssen sich vermutlich mehr einfallen lassen als abzulehnen. Das wäre meine These.

NewPark und die Entwicklung von so genannten LEP VI-Flächen im Landesentwicklungsplan waren immer eins. Ihr wisst wahrscheinlich noch, dass die Entwicklung der LEP VI-Flächen – lang, lang ist's her - ein Regierungsakt der Sozialdemokratie der Düsseldorfer Landesregierung war, Startsignal einer von vornherein unrealistischen und an den montanindustriellen Komplex angelehnten Regionalpolitik für die Ruhr-Region.1978 im Abschwung der montanindustriellen Entwicklung in NRW wurden dreizehn Gebiete für so genannte flächenintensive Großvorhaben festgelegt, in einer Erweiterung des Landesentwicklungsplans - eben der Nummer sechs - ausgewiesen und in den Landesentwicklungsplan eingezeichnet. So, wie damals gedacht, wurde aus keiner der Flächen etwas mit Großvorhaben. Damals sollte ein AKW auf das Gelände der schon längst nicht mehr benötigten, so genannten Dortmunder Rieselfelder. Die RWE wollten es bauen, wofür sie sich fortan dort mit Landkäufen breit machten. Das Projekt newPark ist ein Kreation der sozialdemokratischen Clement/Schartau–Regierung 2000-2002, die statt Großprojekten angebliche Leuchttürme industrieller Innovationen förderte. Mit dieser Modifikation ist ein erster Rückschnitt der Anzahl von LEP VI-Flächen einhergegangen, und mit der Entwicklung von newPark sollten die Rieselfelder zu dem "Schaufenster für industrielle Entwicklung Nordrhein-Westfalens" werden. Die CDU-FDP Koalition 2005-2010 in Düsseldorf wollte die LEP VI-Flächen weiter verringern, lockerte ein wenig die Regeln für die Mindestgröße der Betriebe und damit die Förderfähigkeit ihrer Ansiedlung, blieb aber eine feste Stütze sowohl in Düsseldorf als auch in Recklinghausen des newParks in den Rieselfeldern.

Das hat sich nun mit der rot-GRÜNEN Regierung im Landtag ein wenig geändert. Landtag und Landesregierung gingen ein Stückchen weit auf Distanz zum newPark. Der sozialdemokratische Wirtschaftsminister Garrelt Duin war im September 2013 nicht mehr bereit, dem Landkreis Recklinghausen eine Bürgschaft von 17,5 Mio. Euro für den Kauf der Flächen für newPark von RWE zuzubilligen – ein Bruchteil der z.Zt. geschätzten Gesamtkosten von 150 Mio. Euro für die Projektentwicklung. Die rot-GRÜNE Regierung und der Landtag zogen mit. Aber nach dem Entwurf des Landesentwicklungsplan 2013 hat sie keine Anstalten getroffen, die LEP VI-Fläche "Datteln/Waltrop" aus dem Landesentwicklungsplan zu werfen, sie als Vorrangfläche für Standorte für landesbedeutsame, flächenintensive Großvorhaben der Industrieansiedlung zu entwidmen und sie z.B. als Vorrangfläche für Landwirtschaft festzusetzen. Ganz im Gegenteil, sie ist die erste von vier noch verbliebenen solchen Flächen. Das wäre aber von entscheidender strategischer Bedeutung, wie ich gleich zeigen werde.

Auch für den Gebietsentwicklungsplan des Ruhrgebiets, Abschnitt Emscher-Lippe, der zurzeit aufgestellt wird und 2017 fertig sein soll, wäre das von entscheidender strategischer Bedeutung. Der Regierungspräsident Münster betrieb die GEP-Planung für die Emscher-Lippe-Region immer wie eh und je weiter. Nun aber ist die Regionalplanung für das Ruhrgebiet und die RVR-Kommunen seit ein paar Jahren dem RVR übertragen worden und damit auch für die Emscher-Lippe.Region. Wird das einen Unterschied machen? Werden die GRÜNEN Waltrop hinkriegen, dass die GRÜNEN den Unterschied machen können?

Ich bin da skeptisch. Es kündigt sich nichts Gutes an.

In einen Masterplan "Siedlungsstruktur", an dem die Planer des RVR 2008/2009 quasi als Vorprodukt des Regionalplans arbeiteten, war die LEP VI-Fläche übernommen worden, da Thomas Rommelspacher keinen Streit mit der Mehrheit der Emscher-Lippe-Kommunen wollte, um das Gesamtwerk nicht zu gefährden. Das Durchziehen des aus planungsrechtlicher Sicht geradezu verrückten Zielabweichungsverfahrens zum Kraftwerk Datteln VI lässt nun auch für den GEP 2017 grüßen. Die GRÜNEN Leiter der Regionalplanung, Thomas Rommelspacher und sein Nachfolger Martin Tönnes, standen einander in dieser Sache nichts nach. Beide befürworteten das Zielabweichungsverfahren, und wußten dafür die rot-GRÜNE Koalition in Düsseldorf in ihrem Rücken als Unterstützung. Sie zogen es mit einer Mehrheit jenseits der rot-GRÜNEN Koalition, nämlich mit Rot-Schwarz, in der Verbandsversammlung durch, als sich die eigene GRÜNE Fraktion gegen diese Entscheidung aufstellt.

Machtpolitisch haben es die GRÜNEN möglicher Weise wieder nicht in der Hand, wenn per Regionalplan, Teilabschnitt Emscher-Lippe der Gewerbe-Immobilien-Poker in den Rieselfeldern beerdigt werden soll. Dabei wäre es ganz einfach, wenn die rot-grüne Landesregierung im Landesentwicklungsplan schon einmal die Umwidmung von LEP VI in Landwirtschaftsflächen vornehmen würde. Das Ergebnis müsste der Gebietsentwicklungsplan Emscher-Lippe-Region übernehmen. Die Landesregierung hat aber bisher das Gegenteil vor. Sie steuert auf eine industrielle Entwicklung zu.

Die politischen Baustellen für die GRÜNEN Waltrop sind damit aber klar: Die GRÜNEN Waltrop und ihre Freunde in der Region müssen die rot-GRÜNEN Koalitionäre in Sachen Landesentwicklungsprogramm für eine Änderung des Landesentwicklungsplanes an dieser Stelle herum kriegen. Und sie müssen jetzt die Gebietsentwicklungsplanung ebenfalls unter Druck setzen, hier für klare Entscheidungen gegen Industrieflächen-Vorrang und für Vorrang für Landwirtschaftsflächen und einige ökologische Planzeichen zu sorgen.

Aus dem Kreis Recklinghausen und von den RWE wird sie ein positives Signal nicht dafür kriegen. Der neue SPD-Landrat Cay Süberkrüb ist in Sachen newPark so zugenagelt wie der alte von der CDU. Er ist eher härter drauf. Er hat die Mitfinanzierung der newPark-Entwicklungsgesellschaft durch den Kreis erfunden; er hat den Antrag auf Bürgschaft von 17,5 Mio. Euro bei der Landesregierung gestellt. Die RWE wollen ihre Flächen nach wie vor verkaufen, und zwar erstens als Ganzes und zweitens wegen der Bodenpreise am liebsten als Gewerbe- oder Industrieflächen und nicht zum Preis von landwirtschaftlichen Flächen. Seit Neuestem (September 2014) fordern die RWE anscheinend 30 Millionen Euro. Auch aus Dortmund wird es kein solches Signal geben. Deren Ratsmehrheit hat erstens am 27. 05.2010 beschlossen, die Realisierung des Industrieareals NewPark aktiv zu unterstützen und mitzufinanzieren, hat mindestens 15 Anteile an der Entwicklungsgesellschaft erworben und damit einen Sitz im Aufsichtsrat, hat also zweitens Geld in diese Entwicklung gesteckt. Zuletzt hat sie – drittens - öffentlich gemacht, dass ihr Oberbürgermeister Sierau (SPD) am 1. April 2014 dem Landrat des Kreises Recklinghausen, Cay Süberkrüb (SPD), die Chance gab, im Rat der Stadt Dortmund mit newPark aufzutreten.

Die Kommune Datteln und der Kreis Recklinghausen und ihre Verwaltungen haben ihre politischen Auffassungen zur LEP VI Fläche, ihre Wünsche und Entwicklungsphantasien nicht aufgegeben. Sie betreiben das Projekt Arm in Arm mit RWE Real Estate, der Eigentümerin der strategischen Flächen in den Rieselfeldern, unbeeindruckt von den Vorhaltungen und Argumenten dem alten Gutachten von AKOPLAN (2007), dem neuen von Price Waterhouse (2013), der Naturschutzverbände, der Bauernvertretungen, der Grünen Waltrop und anderer Kritiker dieser monströsen, unwirtschaftlichen, suburbanen und nicht integrierten Stadt- und Industrieentwicklung in strategischen Dattelner und Waltroper Landschaftsräumen. Sie beten die Arbeitsplatzargumente herunter und übertreiben gern nicht wenig, obwohl sie es mittlerweile wissen müssen, dass sie nicht stimmen und dass sie nicht nachhaltig sind. Eine aktuelle, relevante nationale und internationale Nachfrage nach Ansiedlungsflächen größer als 100 ha am nördlichen Ruhrgebietsrand existiert so gut wie nicht, das hat u.a. die Standortbewertung des newPark durch eine "Internationale Business Park Benchmarketing Study" schon 2000 nachgewiesen.

Nachfrage besteht u.U. nach flächenintensiven Logistik-Standorten vom Stil der IKEA-Logistik in Dortmund Elllinghausen. Hier sind auf 230 ha Lagerhallen, Parkplätze für Frächter und die Zuwegung entstanden. Das hat 1000 reguläre Arbeitsplätze auf die Fläche und zusätzlich 300 Leiharbeits- und Servicearbeitsplätze damit im Zusammenhang gebracht. Natürlich ist das nicht nichts.

Aber lohnt sich dafür der Verlust der Landschaft und der funktionierenden Landwirtschaft in den Rieselfeldern?

Und das ist die dritte Baustelle: Das de facto Arbeitsplatzpotential der landwirtschaftlichen Flächen auf den Rieselfeldern, die Stärke dieser Ökonomie und das ökonomische Potenzial von Freizeit und Erholung wird nach meiner Einschätzung unterschätzt und deswegen vom Kreis Recklinghausen oder vergleichbaren Akteuren weder herausgestellt noch entwickelt. Quantitative Untersuchungen dazu liegen dazu immer noch nicht vor.

Ist nicht die Ertüchtigung der agrarischen Betriebe in der Kombination mit der Ausweitung und Vertiefung der regionalen Freizeitfunktion ein viel mehr Erfolg versprechendes, ökologisch und sozial richtigeres Stadtentwicklungsziel für die Rieselfelder? Vom Wohlfahrtswert der Wälder, Felder, Wiesen und Gartenbaubetriebe für den Wohnstandort Waltrop und Datteln gar nicht zu sprechen. Und am ökologischen Wert und an der Nachhaltigkeit muss man eben arbeiten, wenn er einem bisher nicht langt.

Die GRÜNEN Waltrop und ihre Freunde in der Region müssen zeigen, dass sie ernsthaft die Interessen der Landwirte vertreten, und nicht nur Naturschützer, sondern Bauernschützer sein wollen.